Funktion des Nierenfilters aufgeklärt

15.05.2020

Overlay of SD line pattern with a grid

Neue Studie in Nature Metabolism erschienen

Die menschlichen Nieren filtrieren am Tag 180 Liter Primärharn aus dem Blut. So wird der Körper von Giftstoffen befreit und das Gleichgewicht an Nährstoffen, Salzen, Wasser, Säuren und Basen im Körper aufrechterhalten. Ein Verlust dieser Filtrationsfunktion, die bei mindestens 10% der Bevölkerung zu finden ist, verursacht Bluthochdruck, prädisponiert für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall und Demenz und kann bis zur Dialysepflicht voranschreiten. Trotz der Bedeutung der Nieren für die Gesundheit des Menschen konnte in der etwa 100 Jahre langen Forschung zu diesem Thema die Funktion des Nierenfilters nicht geklärt werden. Der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Thomas Benzing ist es mit einem international zusammengesetzten Forschungsteam gelungen, die Funktion des Nierenfilters aufzuklären. Das Ergebnis ihrer jahrelangen Forschung wurde am 9. April 2020 in dem renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Metabolism in einer Studie veröffentlicht.

Die Ausscheidung von Giftstoffen und überschüssigem Wasser und die Regulation des Stoffgleichgewichts im Organismus durch die Nieren ist hoch komplex. Voraussetzung hierfür ist die glomeruläre Filtration, das heißt die Ultrafiltration von Blutplasma, wodurch vereinfacht gesprochen, das Blut vom Primärharn getrennt wird. „Glomeruli“ sind winzige Filtrationseinheiten, jede Niere verfügt etwa über 1 Million davon. Bei der glomerulären Filtration werden kleine Inhaltsstoffe aus dem Blut über Barriereschichten in den Harn abfiltriert. Für den Organismus wichtige (große) Moleküle werden im Blutplasma zurückgehalten, wie z.B. das Plasmaeiweiß Albumin. Prof. Benzing erklärt: „Wenn die dreischichtige Filtrationsbarriere in den Glomeruli zusammenbricht, führt das zum Verlust von Albumin im Urin über die Wand der kleinen Nierenkapillaren, das nennt man Albuminurie. Störungen des Nierenfilters sind eine Hauptursache für chronische Nierenerkrankungen. Wie genau der Nierenfilter funktioniert und warum seine Durchlässigkeit bei Nierenerkrankungen verändert ist, ist jedoch nur unzureichend verstanden.“

„Die Ergebnisse unserer Studie, die durch die Kombination aus hochtechnologischen Methoden, moderner Computerwissenschaft und molekularbiologischen Experimenten resultiert, haben uns überrascht.“ Benzing und seine Koautor*innen konnten zeigen, dass morphologische Veränderungen der glomerulären Filtrationsbarriere zu reduzierten Kompressionskräften führen, die dem Filtrationsdruck entgegenwirken und dadurch letztlich eine Albuminurie bedingen. „Unsere Ergebnisse zeigen unterschiedliche Funktionen der verschiedenen Schichten der Filtrationsbarriere und erweitern das molekulare Verständnis der defekten Nierenfiltration bei chronischer Nierenerkrankung. Sie bedeuten einen Quantensprung im Verständnis der Entstehung von Erkrankungen der Nieren und bringen uns zielgerichteten Therapien bei Nierenerkrankungen immer näher“, so Prof. Benzing zu den Ergebnissen.

"Die Studie, die durch internationale Zusammenarbeit von Wissen­schaftler*innen der Universitätsklinik Köln, dem CECAD Forschungszentrum zusammen mit Arbeitsgruppen aus Boston, Stockholm und Regensburg möglich wurde", unterstreicht zudem, "wie leistungsfähig die Interaktion aus klinisch tätigen Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen mit Kolleg*innen aus den grundlagenorientierten Naturwissenschaften sein kann", was, so Benzing "ein Glücksfall" und wesentliches Prädikat für den Forschungsstandort Köln und das CECAD Forschungszentrum ist.

 

Originalpublikation:

A molecular mechanism explaining albuminuria in kidney disease

https://www.nature.com/articles/s42255-020-0204-y

doi.org/10.1038/s42255-020-0204-y

 

Kontakt:

Prof. Dr. Thomas Benzing, MD, FASN

Professor and Chairman, Department II of Internal Medicine,

University Hospital of Cologne,

Director, Center for Molecular Medicine Cologne,

Deputy Chair, Excellence Cluster CECAD,

Vice Dean of Finance, Faculty of Medicine,

E-mail: thomas.benzing[at]uk-koeln.de

 

Pressekontakt:

Dr. Sibylle Grandel

Geschäftsführung CECAD

CECAD Forschungszentrum

sgrandel@uni-koeln.de